Rede des Fraktionsvorsitzenden Sieghart Friz

Sehr geehrter Herr Landrat Eininger,
werte Kolleginnen und Kollegen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

wir alle leben momentan in einer Zeit zwischen „Hoffen und Bangen“. Dies bezieht sich zum einen auf das leider immer noch allgegenwärtige Thema „Corona“. Angesichts der aktuellen Situation mit der wieder drohenden Überlastung unseres Gesundheitssystems zeigt es sich, wie wichtig das niederschwellige Angebot der Impfbusse ist. Diese werden förmlich überrannt und tragen ganz entscheidend zur weiteren Durchimpfung der Bevölkerung bei. Insoweit sind wir sehr froh und fühlen uns auch bestärkt, dass unser gemeinsamer Antrag zusammen mit den Freien Wählern zum Ziel geführt hat. Sollte der Bedarf bzw. die Nachfrage auch im neuen Jahr unverändert groß sein, ist das Land aufgerufen den Einsatz und den Betrieb der Impfbusse auch für 2022 zu übernehmen.

Das „Hoffen und Bangen“ bezieht sich aber besonders auch auf die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Einerseits wird 2022 mit einem starken Wirtschaftswachstum gerechnet, andererseits drohen Fachkräftemangel, Materiallieferengpässe und hohe Energiepreise all dies wieder zunichte zu machen.

Das „Hoffen und Bangen“ gilt aber auch in Bezug auf die weitere Entwicklung der Flüchtlingszahlen. Noch sind wir glücklicherweise weit von der dramatischen Situation von 2015 entfernt. Aber die aktuell stark steigenden Zugangszahlen machen uns durchaus Sorgen. Um es klar auszudrücken: Weder die Landkreise noch die Städte und Gemeinden können nochmals einen mit 2015 vergleichbaren Kraftakt leisten. Der Bund und das Land müssen dies wissen. Wir erwarten insbesondere von der neuen Bundesregierung diesbezüglich ein vorausschauendes und klares Handeln.

Breitbandversorgung in unserem Landkreis
Die Breitbandversorgung ist ein harter Standortfaktor im Wettbewerb mit anderen Regionen bzw. mit anderen Landkreisen in der Region. An Strukturen und Gremien mangelt es nicht, diese sind längst geschaffen und tagen. Auch die regionsweite Kooperation mit der Telekom ist längst ratifiziert. Allein die tatsächliche Ausbaugeschwindigkeit ist noch viel zu niedrig. Vor allem der Glasfaserausbau für Schulen und Gewerbegebiete muss dringend forciert werden. Hier vergeht einfach zu viel Zeit, bis der tatsächliche Anschluss vollzogen wird.

Mobilität in unserer Region Stuttgart
Die in der Koalitionsvereinbarung der Landesregierung vorgesehene Mobilitätsgarantie ist vom Land als Veranlasser ohne Wenn und Aber voll zu finanzieren. Auch hier gilt: „Wer bestellt, der bezahlt“. Die Einführung eines sog. Mobilitätspasses ist nichts anderes als eine Nahverkehrsabgabe, welche letztendlich immer vom Bürger bezahlt werden muss. Und zwar entweder als direkte Abgabe oder über eine saftige Erhöhung der Kreisumlage in indirekter Weise. Egal, ob dann alle Einwohner oder (nur) alle Kfz-Nutzer zur Kasse gebeten werden, wir halten eine solche Nahverkehrsabgabe – wenn sie denn so kommt – für grundfalsch!

Unsere medius Kliniken –ein stabiler Anker in unruhigen Zeiten
Dass wir bisher so gut durch die Pandemie gekommen sind, ist ein großer Verdienst aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Kliniken. Die aktuell wieder stark ansteigenden Belegungen in den Intensivstationen bringen insbesondere Ärzte und Pflegekräfte an die Grenzen des menschlich Leistbaren! Daher gehört unser großer Respekt und Dank allen Beschäftigten der medius Kliniken für ihre Arbeit in schwierigen Zeiten unter schwierigen Bedingungen. Sehr erfreulich ist dagegen, dass unsere Kliniken trotz der Pandemie und dadurch zurückgehenden Operationen und Behandlungen – immer noch schwarze Zahlen schreiben. Deutlich positive Ergebnisse unserer medius Kliniken sind nicht selbstverständlich, wenn wir die Kliniken anderer benachbarter Landkreise sehen. Mit einem gigantischen Investitionsvolumen von ca. 300 Mio. € bis zum Jahr 2027 werden unsere Kliniken in höchstem Maße fit für die Zukunft gemacht.

Investitionen in die Schulen des Landkreises sind gut und wichtig
Mit der momentan laufenden Sanierung/Umbau der Bodelschwinghschule in Nürtingen –welche unsere Fraktion schon seit Jahren als dringlich ansieht – werden die Millioneninvestitionen in die Schulen des Landkreises fortgesetzt. Die Entwicklung der Schülerzahlen in unseren Berufsschulen gibt allerdings Anlass zur Sorge. Der CDU Fraktion sind leistungsfähige Berufsschulen ein großes Anliegen. Insoweit unterstützen wir die Verwaltung und die jeweiligen Schulleitungen in ihrem steten Bemühen, unsere Berufsschulen als ein attraktives Angebot im Blick auf die praxisnahe Ausbildung der Schülerinnen und Schüler zu positionieren.

Kreisjubiläum 2023 – 50 Jahre Landkreis Esslingen
Hier möchten wir darum bitten, auch die großen Kreisstädte auf den Fildern mit in die Planungen einzubeziehen.

Der Aufwand für die soziale Sicherung steigt und steigt
Es ist ein absolutes Novum und seit Einführung der doppischen Haushaltsführung so noch nie dagewesen. Der Gesamtaufwand für die soziale Sicherung liegt 2022 mit 263 Mio. € erstmals über der mit 255,4 Mio. € veranschlagten Kreisumlage. Die zunehmende Fremdbestimmung unseres Haushalts setzt sich somit in beängstigender Weise fort. Gehen diese Steigerungen im Sozialbereich so weiter können wir dies weder über Erhöhungen der Kreisumlage, noch über Einsparungen in anderen Bereichen wirklich ausgleichen. Die CDU Kreistagsfraktion stellt zur Weiterentwicklung der Pflegestützpunkte sowie zu den Freizeit- und Ferienangeboten für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen Berichtsanträge. Unsere Fraktion hat ein großes Herz für Familien mit behinderten Kindern bzw. Jugendlichen. Es muss alles was seitens des Landkreises möglich ist, getan werden um diesen Familien und vor allem den Behinderten selbst zu helfen. Die konkreten Anträge liegen der Verwaltung vor, wir erbitten die Behandlung im zuständigen Sozial, bzw. Jugendhilfeausschuss.

Hier stellen wir folgende Anträge:

  1. Der Kreistag möge beschließen, das Land Baden-Württemberg aufzufordern, die Erstattung von Flüchtlingskosten von insgesamt rund 18 Mio. € im Haushaltsjahr 2022 auf der Basis einer Spitzabrechnung vorzunehmen. Diese 18 Mio. € entsprechen 2,3 Punkte Kreisumlage. Wir sind es mittlerweile leid, diese Forderungen gegenüber dem Land von Jahr zu Jahr mehr oder weniger erfolglos zu erheben. Die Reduzierung der Forderungen geht viel zu langsam vonstatten. Diese Liquidität fehlt uns bei der Finanzierung unserer Investitionen in Schulen, Verwaltungsgebäuden und ÖPNV Projekten. Ich verweise auch hier auf die Begründung unseres Antrags, welcher der Verwaltung vorliegt.

  2. Die CDU Fraktion beantragt einen Bericht zur Entwicklung der Personalstellen sowie der Personalkosten, bezogen auf den Zeitraum von 2016 bis 2021. In diesem Zusammenhang ist insbesondere darzustellen, welchen konkreten Bereichen die jeweiligen Steigerungen zugeordnet werden können. Wir verkennen keinesfalls, dass der Gesetzgeber (Bund, Land) Jahr für Jahr Gesetze verabschiedet, deren Erfüllung mit zusätzlichem Personalaufwand dann den Landkreisen obliegt. Aber gerade weil dies so ist, sollte dieses Thema durch die Verwaltung separat als Vorlage für eine öffentliche VFA Sitzung aufbereitet werden. Die Öffentlichkeit darf, ja soll diese Steigerungen durchaus wissen.

Doch nun zur Kreisumlage:
Die Verwaltung legt uns dieses Jahr einen kommunalfreundlichen Haushaltsplan 2022 mit einer vorgeschlagenen Senkung der Kreisumlage um 0,7 v. H. auf 29,3 v. H. vor. Dies ist lobenswert, reicht aber im Ergebnis für unsere Fraktion nicht aus. Ich möchte dies begründen: Die vom Landkreis erwirtschafteten erheblichen Überschüsse setzen sich Jahr für Jahr fort. Zwischenzeitlich haben sich insgesamt 63,5 Mio. € nur für die Jahre 2019 bis 2021 angesammelt. Während also die Ergebnishaushalte des Landkreises (erfreulicherweise) offensichtlich Jahr für Jahr positiv abschließen, sieht es bei den meisten Kommunen völlig anders aus. Viele Städte und Gemeinden stehen vor großen strukturell-finanziellen Herausforderungen und können ihre Ergebnishaushalte trotz größter Bemühungen nicht mehr ausgleichen, bzw. haben gar Millionenlöcher im ordentlichen Ergebnis. Unsere Fraktion beantragt daher, die Kreisumlage um weitere 0,5 v. H. auf dann 28,8 v. H. abzusenken. Dies ist vom Landkreis aufgrund der stabil hohen Überschüsse und der jeweiligen positiven Abschlüsse im Ergebnishaushalt leistbar. Dazu kommt noch, dass die Steigerung der Steuerkraftsummen der Städte und Gemeinden des Landkreises Esslingen in Höhe von 2,3 % weit hinter der landesweiten Steigerung von 6,5 % zurückbleibt. Sollte die noch ausstehende November-Steuerschätzung weitere Verbesserungen nach sich ziehen, so wollen wir uns auch einer möglicherweise noch weitergehenden Senkung der Kreisumlage nicht von vorne herein verschließen. Abschließend noch ein Wort zur Entwicklung der Verschuldung, die unsere Fraktion mit großer Sorge sieht. Angesichts der uns allen bekannten Großinvestitionen in Verwaltungsbauten, Schulen und ÖPNV Projekten einerseits, der geringen Zinsen und langer Laufzeiten bei Kreditverträgen andererseits, ist der Anstieg der Gesamtverschuldung in 2022 auf 203 Mio. € und bis 2025 auf dann prognostizierten 225 Mio. € unvermeidlich und für uns gerade noch vertretbar. Die CDU Fraktion weist aber bereits jetzt nachdrücklich darauf hin, dass nach Realisierung dieser Großinvestitionen diese Schuldenlast sukzessive wieder zurückzufahren ist. Wir fordern dies bereits heute in aller Klarheit ein und werden hierauf – ggf. auch mit entsprechenden Anträgen –zurückkommen. Es kann und darf nicht sein, dass wir künftigen Generationen einen Schuldenberg hinterlassen.

Wir möchten uns abschließend bei der Kreiskämmerei, stellvertretend bei Ihnen Frau Dostal und Frau Hauschild für die gute und gewissenhafte Aufstellung des Planwerks 2022 sehr herzlich bedanken.

Der weiteren Beratung des Kreishaushalts 2022 sehen wir mit Interesse entgegen

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